Mobilität 9. März 2022

Abstellen von Lastenrädern in München: Ergebnisse einer Umfrage

Von Isabel Imhof, Katharina Baumbusch, Marcellinus Hover und Stefan Schwärzler

Zusammenfassung: Der Stellplatzbedarf für Lastenräder ist in einer Stadt wie München enorm und nimmt beständig zu. Dabei unterscheiden sich die Kriterien zur Standortwahl von den herkömmlichen zur Errichtung von Radabstellanlagen. Aus diesem Grund befragte ein Team vom Radentscheid München (REM) im Zeitraum vom 30.11.2021 bis 25.01.2022 in einer Online Umfrage Lastenradfahrende. Ziel war dabei, die aktuelle Abstell-Situation besser zu verstehen und Kriterien für die Errichtung von Stellplätzen für Lastenräder zu finden. Eine Zusammenfassung der Antworten der 171 Teilnehmenden sollen in diesem Artikel Interessierten zur Verfügung gestellt werden.

Ein wichtiges Ergebnis vorweg: 74% der Teilnehmenden sind der Meinung, dass schlechte Abstellmöglichkeiten ein Ausschlusskriterium für den Kauf eines Lastenrades sind.

Lastenräder sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Verkehrswende

Wie zufrieden sind die Lastenradfahrenden mit den Abstellmöglichkeiten ihres Fahrzeugs in München? Wo werden Lastenräder abgestellt, wo fehlen Lastenradparkplätze besonders und wie sollen diese ausgestattet sein? Um diese Fragen beantworten zu können, haben wir vom Team Fahrradabstellmöglichkeiten des Radentscheids München (REM) eine Online Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Umfrage wurden im Februar 2022 dem Mobilitätsreferat (MOR) der Landeshauptstadt München (LHM) unterbreitet in der Hoffnung, dass mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen ein Beitrag zur Verbesserung der unbefriedigenden Abstellsituation für Lastenräder geleistet werden kann.

Vorab ein paar grundsätzliche Überlegungen zum Thema Lastenräder: Lastenräder sind nicht nur in, cool und Ausdruck urbaner Mobilität. Lastenräder sind vor allem eins: wertvolle Bausteine auf dem Weg zu einer echten Verkehrs- und Mobilitätswende. Warum? Lastenradfahrten ersetzen Autofahrten! Ob Wocheneinkauf, Kindertransport, Bierkästen, Blumenerde, Hund, Möbel, die sperrigen Lautsprecherboxen für die Radldemo oder die Picknickausrüstung für die Fahrt an die Isar: Je nach Modell schleppt so ein Lastenrad bis zu 200 kg Zuladung. Damit stellen Lastenräder eine wertvolle Ergänzung zur modernen Mobilität und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz dar. Aus diesem Grund werden Lastenräder seit Jahren von der Stadt München mit bis zu 1000 € gefördert und eine Verlängerung dieses Förderprojekts wurde vom Stadtrat beschlossen. Bis Ende 2020 wurde die Anschaffung von über 6000 Lastenrädern gefördert. Ein gutes Zeichen für die Umwelt, nur: Wo parkt man so ein Fahrrad am besten?

Je nach Charakter der Lastenradfahrenden und angefahrenem Ort kann diese Frage auch von unterschiedlichsten Gefühlen begleitet werden: Ärger, Verzweiflung oder Unbehagen, weil man mal wieder den halben Gehweg zuparken muss. Zu Fuß Gehende werden dadurch bisweilen gezwungen, auf die Straße auszuweichen und so manches Mal reagiert der oder die so Genötigte verärgert mit einer mutwilligen Beschädigung des teuren Lastenrads. Theoretisch dürfen Lastenräder ja sowohl auf dem oft viel zu schmalen Gehweg, als auch am Fahrbahnrand geparkt werden. Praktisch hätten die Lastenradfahrenden aber schon gern einen geeigneten Parkplatz, der, laut Umfrage, groß genug, ebenerdig, leicht zugänglich und mit Anschließbügel ausgestattet sein sollte. Auch ein Wetterschutz wäre wünschenswert.

In einem Pilotprojekt werden derzeit vom Mobilitätsreferat an 15 unterschiedlichen Standorten ca. 40 Lastenradparkplätze erprobt. Werden sie angenommen? Was gilt es bei der Standortwahl zu beachten? Noch ist das Projekt nicht abgeschlossen. Bleibt zu hoffen, dass die Notwendigkeit des massiven Ausbaus von Lastenradparkplätzen seitens der Stadt München erkannt wird und die Umfrageergebnisse des REM helfen, dringend benötigte Standorte dafür zu finden und entsprechend auszustatten.

Unsere Umfrage mit dem Titel “Lastenradparken in München – eine kleine Umfrage” war über verschiedene soziale Netzwerke und über die Newsletter von Green City und vom ADFC veröffentlicht worden. Außerdem wurden 250 Flyer an geparkte Lastenräder im Stadtgebiet verteilt.

Die wichtigsten Ergebnisse

1. 74% der Befragten glauben, dass schlechte Lastenradabstellmöglichkeiten ein Ausschlusskriterium für den Kauf sind

Eine Stadt, die die Mobilitätswende ernst nimmt, sollte deshalb den Ausbau von Lastenrad-Parkplätzen ambitioniert vorantreiben!

2. 49% benutzen ihr Lastenrad täglich, 33% mehrmals die Woche

Insbesondere die Tatsache, dass Lastenräder auch im Winter oder bei Schlechtwetter im Münchner Straßenbild gut sichtbar sind, ist ein Beleg dafür, dass sie als Autoersatz eingesetzt werden.

3. 85% besitzen das Lastenrad, das sie fahren

Da die meisten Lastenradmodelle mehrere Tausend Euro kosten, sollte es möglich sein, diese überall diebstahlsicher abstellen zu können

4. 84% nutzen das Lastenrad für Einkäufe, 67% für Kindertransport und 67% für sonstige Transporte

Hieraus ergeben sich wichtige Hinweise auf benötigte Standorte für Abstellflächen

5. 39% haben am Wohnort keinen diebstahlsicheren Parkplatz

Am Wohnort sollten zumindest Parkplätze mit Ansperrbügeln zur Verfügung stehen, besser noch wären gebührenpflichtige, zeitlich flexibel nutzbare Fahrradboxen, die mit einem Code geöffnet werden können. Es gibt mittlerweile viele unterschiedliche Modelle in Gebrauch, ein gutes Beispiel ist „Dein Radschloss“ in NRW (www.dein-radschloss.de)

6. 32% müssen ihr Lastenrad über Nacht auf dem Gehweg oder im Straßenbegleitgrün abstellen

Dies haben besonders viele Teilnehmer aus den Stadtbezirken Ludwigvorstadt-Isarvorstadt, Au-Haidhausen, Obergiesing, Schwabing, Untergiesing und Neuhausen bemängelt. Gehwege und Straßenbegleitgrün sollten hierfür prinzipiell nicht genutzt werden müssen. Hieraus ergibt sich also für die LHM ein dringender Handlungsbedarf

7. Was finden die Lastenradfahrenden beim Parkplatz besonders wichtig? (ein Auszug)

  • 80% stufenfreie Zufahrt
  • 55% Nähe zum Zielort
  • 51% Vorhandensein eines Bügels, 60% haben aber am Wohnparkplatz keinen

8. Sehr hohen oder hohen (% / %) Bedarf an Lastenradparkplätzen gibt es

  • an Super- und Getränkemärkten (65% / 28%)
  • an Kindertageseinrichtungen (67% / 19%)
  • an Schwimmbädern und Freizeiteinrichtungen (51% / 34%)
  • an Spielplätzen (51% / 30%)
  • an Zugängen zu Fußgängerzonen (45% / 35%)
  • an Zugängen zu ÖPNV Haltestellen (34% / 35%)

Auch diese Antworten liefern wertvolle Hinweise auf dringend benötigte Standorte für Lastenradparkplätze:

Vor Supermärkten würde sich aus Sicht des REM eine adaptierte Form von ParkenDual anbieten, da der Stellplatzbedarf in reinen Geschäftsstraßen eventuell nur während der Öffnungszeiten der Geschäfte benötigt wird. Deutlich markierte ParkenDual Parkplätze und eine strenge Parküberwachung müssen hier allerdings Missbrauch durch illegales Kfz-Parken verhindern.

Bei den typischen Freizeiteinrichtungen für Kinder, wie z. B. den Schwimmbädern, dem Tierpark, Kinderattraktionen (51% / 34%), sowie an den Spielplätzen könnte die LHM als maßgebender Stakeholder eine Vorreiterfunktion für private Unternehmen zur Errichtung von Abstellplätzen übernehmen.

Auch am Arbeitsplatz besteht entsprechend der Umfrage großer Bedarf (35% / 35%) an Abstellmöglichkeit für Lastenräder, weil z.B. die Fahrt zur Kindertageseinrichtung mit der anschließenden Fahrt zum Arbeitsplatz kombiniert wird.

Zu guter Letzt besteht neben dem Bedarf an Abstellmöglichkeiten in Wohnortnähe auch ein Bedarf an den Zugängen zu Fußgängerzonen (45% / 35%) sowie an den wichtigen ÖPNV-Haltestellen (34% / 35%).

9. Mit fast 60% ist das zweirädrige (lange) Modell das häufiger vorkommende als das dreirädrige Modell

Entsprechend lang sollte ein Teil der Lastenradparkplätze also sein, längere Modelle messen bisweilen über 2,50m Länge

10. 41% würden für einen zufriedenstellenden Parkplatz bis 10€, 23% sogar bis 20€ pro Monat bezahlen

Die Bereitschaft 120€, bzw. sogar 240€ pro Jahr für einen zufriedenstellenden Parkplatz zu bezahlen, zeigt, wie wichtig Lastenradfahrenden eine sichere Abstellmöglichkeit ist. Um den Gebrauch von Lastenrädern zu fördern, sollten also ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, die auch gebührenpflichtig sein können

11. Besonders viele Teilnehmende kamen aus Ludwigvorstadt-Isarvorstadt, Au-Haidhausen, Obergiesing, Schwabing, Untergiesing und Neuhausen.

Da der LHM durch die Anzahl der Förderanträge bekannt sein muss, in welchen Bezirken besonders viele Lastenräder unterwegs sind, sollten hier die BAs angehalten werden, proaktiv benötigte Standorte zu identifizieren. Die Möglichkeit der Bürger*inanträge sollte

bekanntgemacht und jeder diesbezügliche Antrag ernsthaft auf Realisierbarkeit untersucht werden!

Fazit: Aus Sicht des REM sollten mittelfristig tausende Lastenradabstellplätze bedarfsorientiert zur Verfügung gestellt werden

Wichtig: Lastenradparkplätze in Wohnortnähe können Bürger*innen beim zuständigen Bezirksausschuss wie Fahrradabstellplätze beantragen. Tipps hierfür gibt es www.munichways.de unter „BA-Anträge selbstgemacht“:

Den Fragenwortlaut der Umfrage und die kompletten Antworten (teils waren Freitexte möglich) stellen wir Interessierten gern zur Verfügung.

Kontaktpersonen

Isabel Imhof: Isabel.Imhof@greencity.de

Stefan Schwärzler: Stefan.schwaerzler@mytum.de

Katharina Baumbusch: Katharina.baumbusch@googlemail.com

Marcellinus Hover: marcellinus.hover@adfc-muenchen.de

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