Klimaschutz 29. Juni 2021

Deutschlands Anteil am globalen CO2-Ausstoß: Warum zwei Prozent gar nicht wenig sind

„Manche glauben, man könne einfach das System auf den Kopf stellen für das Klima, dabei beträgt Deutschlands Anteil am globalen CO2-Ausstoß nur 2%.[1]“ wetterte CDU-Politiker Friedrich Merz am 9. Mai 2021 auf seinem Twitter-Kanal. Da könnte man erstmal stutzig werden: Echt, nur zwei Prozent? Dann können wir uns ja zurücklehnen! Aber so einfach ist es leider nicht. Wir erklären, warum bereits dieser vermeintlich niedrige Emissionsanteil zu viel ist und weshalb dieses Argument eigentlich nur eine faule Ausrede ist.

Der Bevölkerungsanteil spielt eine Rolle

Wie kommen Friedrich Merz und viele Klimaschutzgegner*innen eigentlich auf die zwei Prozent? Zugrunde liegt eine einfache Rechnung: Der jährliche CO2-Ausstoß der deutschen Bevölkerung wird mit dem globalen CO2-Ausstoß verglichen. Im Jahr 2019 zum Beispiel verursachte Deutschland einen Treibhausgasausstoß von knapp 810 Millionen Tonnen[2]. Der weltweite Treibhausgasausstoß lag bei ca. 36,44 Milliarden Tonnen[3]. Der CO2-Ausstoß von Deutschland betrug im Jahr 2019 also 2,2 Prozent des weltweiten Ausstoßes. Das klingt erstmal wenig, doch man muss es in Relation zur Bevölkerungsanzahl sehen: Die deutsche Bevölkerung hat einen Anteil von ca. 1,07 Prozent an der Weltbevölkerung[4]. So gesehen emittieren die Deutschen mehr als doppelt so viel als ihnen zustünde, wenn jedes Land nur gemäß seinem Anteil an der Weltbevölkerung emittieren dürfte. Obwohl wir nur auf Platz 17 im internationalen Ranking der bevölkerungsreichsten Länder landen, belegen wir Platz 6 der Länder, die am meisten CO2 ausstoßen. Der relative Anteil an den globalen Emissionen ist also ein trügender Vergleich: zwei von 100 Prozent klingt zwar wenig, ist aber – gemessen an unserem Anteil an der Weltbevölkerung – ziemlich viel. Bei der reinen Betrachtung der relativen Anteile würden kleine Länder mit wenigen Bewohner*innen also automatisch zu Klimaschützer*innen werden, nur weil ihr Anteil am globalen Ausstoß geringer ist als der von vielbevölkerten Ländern. Deutschlands Anteil (zwei Prozent) zum Beispiel mit Chinas Anteil (29,7 Prozent) oder den der USA (13,9 Prozent) zu vergleichen, ist somit nicht repräsentativ, denn Deutschland ist deutlich weniger bevölkert[5].

Auf den Pro-Kopf-Ausstoß kommt es an

Um den Emissionsanteil der einzelnen Länder besser ins Verhältnis setzen zu können, sollte man besser den CO2-Austoß pro Kopf betrachten. Und auch hier schneidet Deutschland nicht besonders gut ab:  Etwa 9,6 Tonnen CO2 emittierte ein*e Deutsche*r 2018[6]. Im globalen Durchschnitt emittiert der Mensch aber nur ca. 4,8 Tonnen CO2[7]. Deutschland belegt somit Platz 28 von 182. Auch im europäischen Vergleich sieht es nicht besser aus: Bei den Pro-Kopf-Emissionen 2018 landet Deutschland auf Platz 8 von 27[8]. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert der EU insgesamt befindet sich zwischen Platz 13 und 14[9]. Das hört sich alles nach deutlich mehr Verantwortung an, als es die von Friedrich Merz getwitterten zwei Prozent suggerieren.

Verantwortung verschwindet nicht, wenn man sie in kleine Teile zerlegt

Ungeachtet dessen, welches Land wie viel emittiert: In der Verantwortung stehen wir alle. Spätestens nachdem 195 Staaten plus die Europäische Union am 12. Dezember 2015 das Übereinkommen von Paris verabschiedeten und alle Staaten der Erde (bis auf Syrien) das Abkommen inzwischen anerkennen, ist das sogar gesetzlich festgeschrieben: Alle Vertragsparteien haben ihre eigenen Treibhausgasemissionen zu senken – und zwar ungeachtet dessen, wie viel sie zum Gesamtbudget beitragen. Das ergibt Sinn: Nur wenn alle Länder zusammen an einer Treibhausgaseinsparung arbeiten, ist sie langfristig zu erreichen. Und jeder gefahrene Kilometer mit dem Fahrrad, jede eingesparte Plastiktüte und jeder second-hand-gekaufte Pullover – egal wo auf der Erde – trägt zu diesem Ziel bei. Doch natürlich ist es hier vor allem die Politik und nicht der*die einzelne Bürger*in, die angemessene Rahmenbedingungen festlegen muss, um einen Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen im Alltag wie auch in der Industrie und im Verkehr zu ermöglichen. Es braucht ein Parlament, das sich dieser Aufgabe bewusst ist und angemessene Lösungen findet, die das Klima schonen und die Bürger*innen nicht belasten. Die neue Bundesregierung könnte hier mit den richtigen Vorschlägen eine globale Vorreiterrolle übernehmen und zeigen, dass auch große Volkswirtschaften mit aller Kraft dem Klimawandel entgegentreten. Denn gerade ein G7-Staat wie Deutschland soll und darf sich seiner globalgesellschaftlichen Verantwortung für das Klima nicht entziehen.

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[1] Merz, Friedrich (@_FriedrichMerz) via twitter.com.

[2] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Treibhausgas-Emissionen in Deutschland.

[3] Friedlingstein, Pierre et. al. Global Carbon Budget 2019.

[4] Vereinte Nationen. 2019 Revision of World Population Prospects.

[5] Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union: Fossil CO2 and GHG emissions of all world countries. Ausgabe 2019.

[6] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Klimaschutz in Zahlen: Fakten, Trends und Impulse deutscher Klimapolitik. Ausgabe 2018.

[7] Ebd.

[8] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Treibhausgas-Emissionen in der Europäischen Union.

[9] Ebd.

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