Klimaschutz 3. August 2021

Ist Atomkraft eine klimafreundliche Alternative?

Das Thema Klimaschutz zieht sich seit Jahren durch sämtliche Gesellschaftsbereiche. Umweltschutzorganisationen rufen durchgehend dazu auf, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um Veränderungen in alten Denkmustern zu erzielen. Doch die zivilgesellschaftlichen Bemühungen reichen nicht aus, um Emissionen der Treibhausgase zu reduzieren und unsere Erde zu schützen. Die größte Verantwortung für die immer noch zu hohen CO2-Emissionen in Deutschland trägt der Energiesektor, da die Stromerzeugnisse hauptsächlich aus Braun- und Steinkohlekraftwerken stammen. Deswegen soll der Kohleausstieg in Deutschland bis spätestens Ende 2038 erfolgt sein und den Strukturwandel einleiten [1].

Atomkraft als Lösung in Sachen Klimaschutz?

Doch welche andere „Struktur“ soll angestrebt werden? Seit einiger Zeit werden die Stimmen der Atomlobby wieder laut und empfehlen wie schon im Jahre 2010, die Kernkraft als Brückentechnologie [2]. Hauptargument ist, dass Atomkraftwerke (AKWs) emissionsfrei sind und helfen können, den CO2- Ausstoß zu reduzieren. Auf den ersten Blick scheinen damit die größten Probleme gelöst. Allerdings hat Deutschland nicht ohne Grund den Atomausstieg im Jahre 2011, nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima, vorangetrieben.

Atomkraft bietet zwar Einsparpotenziale, aber ist nicht emissionsfrei

Bei der angeblich klimafreundlichen Alternative zu Kohlekraftwerken werden meist die entstehenden Treibhausgase vor und nach der Stromproduktion, etwa beim Urananbau, Kraftwerksbau- oder Rückbau oder der Endlagerung, außer Acht gelassen [3]. So berichtet die weltweite Klimakommission IPCC im Jahr 2014, dass Kernkraftwerke zwischen 3,7 bis 110 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde emittieren. Für das Jahr 2019 ergäben sich daraus ca. 731.000 Tonnen CO2. AKWs sind somit nicht emissionsfrei.

Jedoch könnte man, wenn man alle sechs AKWs über den geplanten Schlussstrich Ende 2022 hinweg laufen ließe, drei große Braunkohlekraftwerke ersetzen. Dadurch würden ca. 54 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr in Deutschland eingespart werden – was immerhin fast 17% der energiebedingten Emissionen sind. [4] Das wäre tatsächlich ein Punkt, der zunächst einmal für den weiteren Einsatz und Ausbau von Atomenergie sprechen würde.

Das Problem mit dem Atommüll

Aber: Überschattet wird dieser Vorteil der Kernkraft von dem Problem des Atommülls [5]. Dieses ist erheblich, denn offensichtlich kann der Atommüll aufgrund seiner extrem hohen Radioaktivität nicht einfach so überall entsorgt werden, wie man es noch in den 1980ern getan hat.

Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Wege, mit Atommüll umzugehen. Zum einen wird die Methode der Wiederaufarbeitungsanlagen gewählt, bei welcher Plutonium und Uran aus abgebrannten Brennelementen abgetrennt werden, um danach wiederverwendet zu werden. Hierbei entsteht jedoch zusätzlicher Atommüll, sodass man nicht von „recyceln“ sprechen kann. Die Folge: Radioaktive Abwässer werden in die Meere entsorgt.

Europa: Millionen Liter radioaktive Abwässer jeden Tag ins Meer entlassen

Über 90 Prozent der radioaktiven Einleitungen in den Nordostatlantik stammen aus den Wiederaufarbeitungsanlagen „La Hague“ an der Westküste Frankreichs und „Sellafield“ an der Irischen See im Nordwesten Englands. Beide Atommüllfabriken pumpen jeden Tag zusammen mehrere Millionen Liter radioaktive Abwässer in den Ärmelkanal und die Irische See [6]. Darüber hinaus fällt der größte Teil der radioaktiven Stoffe nach der Aufbereitung als Flüssigkeit an, die selbst nach ihrer Verglasung für eine Endlagerung noch weniger geeignet ist als die ursprünglichen Brennelemente [7].

Atomkraft: Weltweit existiert kein geeignetes Endlager

Womit wir bei der zweiten Methode wären: die Endlagerung. Hier tut sich ein noch viel erheblicheres Problem auf, nämlich, dass auf der ganzen Welt noch kein geeigneter Ort gefunden wurde, welcher den gesetzlichen Anforderungen in Deutschland entsprechen würde. Dieses Endlager müsste davon ausgehend nämlich den gesamten auf 300.000 Kubikmeter verteilten hochradioaktiven Atommüll für eine Million Jahre lagern können. Erst 30.000 Generationen nach uns wären die Stoffe nicht mehr giftig [8].

Das Ausbauen und Erneuern der Kernkraft ist zudem mit hohen Kosten verbunden und erscheint gegenüber der Kohlekraft nur angesichts neuer ehrgeiziger CO2-Reduktionsziele und Strafzahlungen bei Verfehlung dieser Ziele billiger [9]. Fortschrittlich wäre es, diese Gelder für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu nutzen.

Die dritte Methode sieht vor, diese Endlagerung zu erleichtern, indem die Halbwertszeit der problematischen hochradioaktiven Stoffe mit der Methode der Transmutation auf 500 bis 1000 Jahre reduziert wird. Allerdings lässt Deutschland von dieser Methode ab, da argumentiert wird, dass diese zu teuer und noch nicht weit genug entwickelt sei. [10]

Letztendlich lässt sich sagen, dass wir um eine Entlagerung nicht herumkommen werden – und je länger AKWs laufen, desto größer wird die Menge des Atommülls und desto komplexer gestaltet sich das Entsorgungsproblem.

Fazit: Atomkraft hat nichts mit Umweltschutz zu tun

Man kann also sehr wohl von der Atomkraft als emissionsärmere Alternative überzeugt sein. Wer sich aber darüber empört, Deutschland sei zu schnell aus der Kernkraft ausgestiegen und könne ohne Atomkraft die zu hohen Emissionen, welche durch die verstärkte Aktivität an Kohlekraftwerken entstanden sind, nicht in den Griff bekommen, der verschließt die Augen vor den Umweltschäden, die AKWs und die Entsorgung des radioaktiven Müll momentan noch mit sich bringen.

Dass die Wissenschaft in Zukunft geeignete Lösungen findet, um mit den genannten Risiken umzugehen, ist zu hoffen und nicht auszuschließen. Wem unser Klima und die Welt, in der wir leben, aber wichtig ist, dem sollte klar sein, dass ein größerer Schutz unserer Lebensgrundlagen durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien ermöglicht wird – und nicht durch die weitere Unterstützung der Kernkraft. Insbesondere das ungelöste Problem der Müllentsorgung lässt Atomkraft teuer und gefährlich für Umwelt und Mensch bleiben – und birgt die Gefahr, dass große Mülllasten in die Zukunft verschoben werden.

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MEHR NEWS UND VERANSTALTUNGEN

[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/kohleausstieg-1664496

[2] https://archiv.bundesregierung.de/archiv-de/kernkraft-die-notwendige-brueckentechnologie-473888

[3] https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/ist-atomstrom-wirklich-co2-frei

[4] https://www.quarks.de/technik/energie/atomkraftwerke-fuer-den-klimaschutz/

[5] https://www.kernd.de/kernd-wAssets/docs/fachzeitschrift-atw/2021/Article-atw-2021-4-Nuclear-Waste-Disposal-An-Exploratory-Historical-Overview-Buser.pdf

[6] https://www.greenpeace.de/themen/energie/energiewende/wiederaufarbeitung-die-wichtigsten-fakten

[7] https://www.planet-wissen.de/technik/atomkraft/atommuell/pwiewiederaufbereitungsanlagen100.html

[8] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/fukushima-atomenergie-deutschland-kemfert-100.html

[9] https://www.boell.de/de/2020/03/20/klimaschutz-mit-atomkraft-ist-von-gestern

[10] https://www.deutschlandfunk.de/ueber-transmutation-die-verharmlosung-des-atommuells.740.de.html?dram:article_id=418338

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