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Unsere Messungen zeigen:
Münchens Abgasproblem ist flächendeckend

Alleine in der Münchner Innenstadt wird der gesetzliche Grenzwert für das Jahresmittel von Stickstoffdioxid an mindestens 13 Stellen teils deutlich überschritten. Zu dem Ergebnis kommen wir gemeinsam mit der Ludwig-Bölkow-Stiftung. Mit tatkräftiger Unterstützung von Münchner Bürger*innen haben wir im Herbst 2016 an 50 verschiedenen Messpunkten zwei Monate lang mit sogenannten Passivsammlern die Durchschnittskonzentration von Stickstoffdioxid gemessen. Die entsprechenden Orte, an denen der Stickstoffdioxid-Grenzwert von 40 μg/m³ überschritten wurde, sind in der folgenden Karte eingezeichnet.

Der Grenzwert für die mittlere Jahresexposition von 40 μg/m³ wird vor allem an viel befahrenen Straßen und in engen Straßenschluchten überschritten. Die Landmarken auf der rechtsstehenden Karte zeigen die genauen Messorte, an denen Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden

Anhand der Legende wird ersichtlich, um welche Straßen es sich handelt und welche NO2-Konzentrationen dort erfasst wurden. Ein Klick auf das rechtsstehende Bild öffnet die Vollansicht.

Ein Bericht über Messmethodik und Ergebnisauswertung wurde von der Ludwig-Bölkow-Stiftung erstellt.

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Insgesamt wurde an 50 Stellen auf Münchner Stadtgebiet die NO2-Konzentration mittels Passivsammlern gemessen.

In linksstehendem Balkendiagramm sind allerdings nur die Orte eingezeichnet, an denen über die gesamte Dauer von zwei Monaten gemessen werden konnte (46 Orte). Mit entsprechenden Messergebnissen aufgeführt. Schwarz eingefärbte Balken weisen auf eine Grenzwertüberschreitung hin. Ein Klick auf das linksstehende Diagramm öffnet die Vollansicht.

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Die linksstehende Karte zeigt die über zwei Monate gemittelten Messergebnisse in farblicher Zuordnung der NO2-Konzentration an allen 50 Messstellen. Die Farbgebung korreliert mit der Belastungsstärke: Je dunkler, desto belasteter ist die Luft mit Stickstoffdioxid. Die Form der Markierung gibt Aufschluss über den Ort an dem gemessen wurde. Wichtig ist hierbei anzumerken, dass es sich um ungefähre Orstangaben handelt. Die genauen Angaben sind im Abschlussbericht der Ludwig-Bölkow-Stiftung zu finden.

Teilweise waren die Messpunkte direkt am Straßenrand (Hausfront, Verkehrszeichen oder Gartenzaun), teilweise aber auch bis zu 50 Meter entfernt vom Straßenrand (z.B. Garten in nahegelegener Nebenstraße, zurückgesetzt hinter einem begrünten Streifen etc.).  Ein Klick auf das Bild führt zur Vollansicht.

Orte, die Grenzwertüberschreitungen aufwiesen, wurden für einige Tage mit wasserlöslicher Sprühkreide markiert. Die gesamten Ergebnisse präsentierten wir im Rahmen einer Presseaktion an der Ecke Cornelius- /Blumenstraße. Danke an Simone Reitmeier für die Fotoaufnahmen.

Stickoxide: Grenzwerte und Gesundheitsauswirkungen

Gesundheitliche Auswirkungen einer Exposition mit Stickstoffdioxid wurden in vielen Studien untersucht und nachgewiesen. Eine Exposition wirkt primär auf Atemwege und das Herz-Kreislaufsystem. Besonders empfindliche Personengruppen (z.B. Kinder, Asthmatiker) sind hiervon stärker betroffen als gesundheitlich unauffällige Erwachsene.

Damit Du ein Gefühl dafür bekommst, wie unsere gemessenen Werte einzuordnen sind, haben wir folgende Übersicht erstellt:

  • Was sind die gesetzlichen Grenzwerte für die NO2-Konzentrationen?
  • Ab wann sind Auswirkungen auf Ökosysteme zu erwarten?
  • Und was empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation? Ein Klick auf die Grafik führt zur Vollansicht.

NO2, Grenzwerte, Muc ohne Mief

Der Wert 30 μg/m³ wird vom Umweltbundesamt als kritische Grenze zum Schutz der Vegetation angegeben (https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/stickstoffoxide).

Hinsichtlich der Empfehlung von 20 μg/m³ muss angemerkt werden, dass die WHO selbst sagt, dass in wissenschaftlichen Studien noch nicht ausreichend Nachweis erbracht wurde, woraus eine verbindliche Empfehlung zur Grenzwertabsenkung ableitbar ist.

Neben den konkret sichtbaren Grenzwertüberschreitungen legen die Ergebnisse aus der zwei-monatigen Messperiode aus unserer Sicht weitere Schlüsse nahe:

  • Fast im gesamten Gebiet innerhalb des Mittleren Rings liegt die Konzentration dauerhaft über 25 μg/m³, meist sogar über 30μg/m³
  • Die NO2-Konzentration ist auch in größerer Höhe (10-15m) deutlich erhöht und an der Schleißheimerstraße im 3. Stock nur etwa fünf Prozent geringer als in Straßenhöhe.
  • Weit außerhalb der Innenstadt (z.B. Ludwigsfeld, Johanneskirchen, Trudering, Harlaching) und abseits viel befahrener Straßen liegen die Werte nur an wenigen Stellen unter 25 μg/m³. An keinem einzigen Messpunkt konnte ein Mittelwert unter 20μg/m³ gemessen werden. Für letzteren Wert sieht die Weltgesundheitsorganisation gewisse statistische Hinweise, die eine Herabsetzung der Grenzwerte auf diesen Wert nahelegen. Letztendlich sind nach Auffassung der Behörde jedoch noch nicht ausreichend Daten vorhanden, die eine Herabsetzung rechtfertigen.

Insgesamt leiten wir aus den Ergebnissen der Messreihen folgende Forderungen ab:

Für Green City e.V. steht fest, dass eine deutliche Reduktion des motorisierten Individualverkehrs unabdingbar ist. Der Unwille von Politik und Industrie, endlich eine echte Verkehrswende einzuleiten, geht auf Kosten der Gesundheit von uns Allen. Die vorliegenden Messergebnisse sind ein weiterer, trauriger Beweis.

Punktuelle Maßnahmen wie kurzfristige Tempolimits ändern an der Abgasproblematik kaum etwas. Langfristige und umfassende Lösungskonzepte sind nötig – allen voran einen Ausbau des Rad- und Fußverkehrs sowie der öffentlichen Verkehrsmittel. Eine weitere unserer Forderungen ist zudem seit langem eine autofreie Stadt innerhalb des Altstadtrings zu schaffen. Letztendlich geht es darum, Alternativen zum Auto so attraktiv zu gestalten und auszubauen, dass immer mehr Bürger*innen den eigenen Wagen einfach stehen lassen können.

Messverfahren, Methodik, Details und Einzelheiten

Vorrangiges Ziel der Messungen war es, neben den Werten der fünf offiziellen Messpunkte (Landshuter Allee, Stachus, Lothstraße, Allach und Johanneskirchen) eine bessere Übersicht der realen Belastung innerhalb der Stadt zu ermitteln.

Unser Ziel als NGO war es mit diesen Messungen auch, Punkte zu identifizieren, an denen eine kontinuierliche Messung über ein Jahr oder länger sinnvoll erscheint. Die offiziellen Organe berufen sich zwar darauf, dass Simulationsrechnungen zur Erfassung der Belastung gemäß geltender Gesetzeslage ausreichen – doch erreichen reale Messungen und daraus hervorgehende, tatsächliche Belastungen eine ganz andere öffentliche Wirksamkeit. Wir möchten mit unserer Kampagne die Belastungen zudem prominenter kommunizieren, als es derzeit von städtischer Seite mit den Hochrechnungen getan wird.

An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass die Auswertung der Messergebnisse und das Verfassen eines Abschlussberichts von der Ludwig-Bölkow-Stiftung durchgeführt wurden. Im Bericht finden sich alle Einzelheiten zu Methodik und Analyseverfahren im Rahmen der Messreihe. Siehe auch Download-Box.

Unsere Messungen passen darüber hinaus zum kürzlich ergangenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Abgasbelastung in München, in dem von der Stadt München gefordert wird, bis zum „Ablauf  des 29.  Juni  2017 ein  vollständiges Verzeichnis aller  Straßen(abschnitte)  [öffentlich zu machen],  an denen  der Immissionsgrenzwert  für  Stickstoffdioxid aktuell  überschritten wird.“

Passivsammler, NOx, Foto: Werner Zittel

Zur Durchführung der Messungen

Münchens Bürger*innen konnten im dritten Quartal 2016 dem Aufruf von der Ludwig-Bölkow-Stiftung und Green City e.V. folgen und sich an der Messung von NO2-Konzentration durch sogenannte Passivsammler beteiligen. Passivsammler sind kleine Röhrchen oder Zylinder, in denen sich eine chemische Substanz befindet, die die Messkomponente (in unserem Fall NO2) bindet. Dieser Prozess wird in Gang gesetzt, sobald die Röhrchen geöffnet werden. Ab diesem Zeitpunkt “sammeln” sie NO2. Die geöffneten Röhrchen werden in Schutzhüllen sicher an den Plätzen angebracht, an denen die Schadstoffbelastung gemessen werden soll. Analyselabore leiten aus den chemisch gebundenen Messkomponenten dann deren entsprechende Konzentration an der Messstelle ab.

Im rechtsstehenden Bild ist der eigentliche Passivsammler zu sehen (grünliches Röhrchen mit rotem Schutzdeckel). Er ist bereits in ein Teil der Schutzhülle, bestehend aus PVC-Rohren, eingefügt. Über den Kabelbinder am rechten Teil der Schutzhülle konnte dann das gesamte, zusammengefügte Konstrukt an Regenfallrohren, Bäumen, Gartenzaun, Balkon, oder mittels Klebeband an der Unterkante von Fenstersimsen befestigt werden.

Passivsammler, NOx, Foto: Werner Zittel

Wie die Passivsammler typischer Weise an Regenfallrohren angebracht werden können, ist im linksstehenden Bild zu erkennen. Bürger*innen, die sich bereit erklärt hatten, bei den Messreihen teilzunehmen, bekamen das Material zur Verfügung gestellt und installierten die Messeinrichtungen an einem Ort ihrer Wahl. Die Messröhrchen wurden nach zirka einem Monat durch ein zweites ersetzt, welches dann ebenfalls einen Monat die Konzentrationen gemessen hat. Beide wurden getrennt zur Auswertung in ein nach ISO akkreditiertes Analyselabor verbracht, um für jeden Messpunkt zwei unabhängige Ergebnisse zu erhalten.

Die Messröhrchen wurden von dem nach ISO 17025:2005 akkreditiertem Schweizer Analyselabor „Passam AG“ bezogen und dorthin nach der Messung auch zur Auswertung verschickt.

Die erweiterte Messunsicherheit für das passive Sammelverfahren betrug 19 Prozent im Jahr 2016. Dieser Wert wird jährlich nach der Norm ISO 20988:2007 ermittelt. Die 39. BImSchV schreibt vor, dass Passivsammler dann als Methode für eine orientierende Messung zugelassen sind, sofern die erweiterte Messungenauigkeit 25 Prozent nicht übersteigt.

Sind die gemessenen Werte überhaupt mit den Jahresmitteln vergleichbar?

Spricht man von den 40 μg/m³ als Grenzwert für die Stickoxidbelastung, handelt es sich um den Jahresmittel. Also die durchschnittlich gemessene NO2-Konzentration an einer Stelle im Verlauf eines Jahres. Unsere Messergebnisse entsprechen einem gemessenen Durchschnitt über den Zeitraum von zwei Monaten.

Die Stundenmittelwerte an Landshuter Allee und den anderen offiziellen Stationen wurden auf den Messzeitraum des jeweils betrachteten Passivsammlers begrenzt und die Relation dieses 2-Monatswertes der offiziellen Station zu dessen Jahresmittelwert ermittelt. Dieser Faktor wurde dann benutzt, um auf den Jahresmittelwert des Passivsammlers zu schließen. Hierbei erbrachte jede offizielle Messstation einen anderen Faktor. Die Bandbreite dieser Faktoren wurde als Unsicherheit der Hochrechnung auf den Jahresmittelwert des Passivsammlers interpretiert. Das ist nicht exakt, zeigt aber in etwa die Unsicherheit der Hochrechnung.

An den meisten Messstellen zeigte der Zwei-Monatswert auf etwa 5 Prozent genau bereits den Jahresmittelwert, wobei an Landshuter Allee und Stachus der Jahresmittelwert leicht über und an den anderen (weniger belasteten Stationen) leicht unter dem Zwei-Monatsmittelwert lag. Weitere Einzelheiten diesbezüglich finden sich im Abschlussbericht der Ludwig-Bölkow-Stiftung.

 

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